Am Sonntagabend erreichte den Verband der Restauratoren (VDR) eine alarmierende Nachricht: Die Zukunft des Studiengangs Konservierung, Restaurierung und Grabungstechnik an der HTW Berlin steht auf dem Spiel. Der VDR ist zutiefst besorgt und positioniert sich entschieden dagegen!
Der Berliner Senat hat im Dezember 2024 massive Kürzungen im Hochschulbereich beschlossen – entgegen den gültigen Hochschulverträgen. Als Reaktion plant das Präsidium der HTW Berlin die Streichung mehrerer Bachelor- und Masterprogramme. Dem Fachbereich 5 wurde konkret empfohlen, ab dem Wintersemester 2026/27 keine neuen Studierenden mehr in den Bachelorstudiengang aufzunehmen. Für bereits eingeschriebene Studierende bleiben die beiden Masterprogramme vorerst bestehen – doch spätestens 2031 droht das endgültige Aus für die Konservierung und Restaurierung an der HTW.
Jetzt handeln – bevor es zu spät ist!
Bereits zum Dezember 2025 soll über die Zukunft des Studiengangs entschieden werden. Die Zeit drängt.
Der VDR hat Einspruch beim Kulturstaatsministerium, dem Berliner Senat und der Hochschulleitung eingelegt und prüft in Abstimmung mit dem Studiengang weitere öffentlichkeitswirksame Protestmaßnahmen. Denn es geht um einen tiefgreifenden Einschnitt in die Ausbildung von Restauratorinnen und Restauratoren in Deutschland mit weitreichenden Folgen für den Kulturgutschutz.
Die Ausbildung qualifizierter Restauratorinnen und Restauratoren abzuschaffen, heißt im Klartext: Die wichtigen Fachleute werden in den Museen, Archiven, den öffentlichen Sammlungen sowie in der Denkmalpflege und Archäologie schon bald fehlen.
Das ist unverantwortlich. Wir müssen in Deutschland auch künftig in der Lage sein, archäologische Funde wie die Himmelsscheibe von Nebra, technisches Kulturgut wie die Zeche Zollern oder audiovisuelles Erbe wie die Sammlungen des Museums für Fotografie in Berlin und der Neuen Nationalgalerie fachgerecht zu bewahren – damit sie weiterhin öffentlich gezeigt und erlebt werden können.
Unsere Position als Berufsverband
Der VDR ist zutiefst besorgt und positioniert sich entschieden gegen:
- den Wegfall qualifizierter Studienangebote und restauratorischer Expertise in Deutschland
- den Verlust von Spezialisierungsmöglichkeiten und beruflicher Differenzierung
- die Verschärfung des bereits spürbaren Fachkräftemangels mit gravierenden Folgen für Kulturguterhalt und Wirtschaft
Die HTW Berlin ist ein einzigartiger Kompetenzstandort für die Bewahrung technischen, industriellen, audiovisuellen und archäologischen Kulturerbes. Einmalig in Deutschland bietet die HTW das Studium der Restaurierung technischen Kulturguts und Grabungstechnik an.
Diese Kompetenzen gingen in Deutschland gänzlich verloren. Eine weitere Einschränkung der Studienmöglichkeiten im Bereich der Restaurierung archäologischer und audiovisueller Kulturgüter würde unser Fach um Jahrzehnte zurückwerfen und die Innovationskraft unseres Fachs nachhaltig lähmen.
Ein Wegfall würde zu irreparablen Wissensverlusten, kulturellen und wirtschaftlichen Schäden führen.
Das Fortbestehen des Studiengangs ist aus unserer Sicht essenziell:
- Vielfältiges Kulturgut braucht spezialisierte Ausbildung. Ob Malerei, Metall, Möbel, Glasmalerei, Papier, Textil, Foto, Film, Technik oder archäologische Funde – jede Materialgruppe erfordert passgenaue restauratorische Fachkompetenz.
- Mit der Streichung geht mehr verloren als ein Studienstandort – es verschwindet ein Studienangebot, das so in Deutschland kein zweites Mal existiert. Die verschiedenen Studienrichtungen sind nicht deckungsgleich und nicht beliebig austauschbar.
- Die Studiengänge der Konservierung-Restaurierung sind für eine praxisnahe, wissenschaftsbasierte Ausbildung unersetzlich. Diese Qualifikation kann nicht durch Kurse oder Quereinstieg ersetzt werden.
- Restaurierungsstudiengänge sind zentrale Orte der Forschung, Vernetzung und Internationalisierung. Sie fördern den Austausch zwischen Disziplinen und Ländern, entwickeln innovative Methoden, Materialien und digitale Techniken. Sie sind weit mehr als ein kleines Fach – sie sind Aushängeschild einer ganzen Nation.
- Kulturguterhalt ist hoheitliche Aufgabe des Staates. Der Staat trägt die Verantwortung und hat für den Schutz und den Erhalt von Kulturgut zu sorgen. Ohne qualifizierte Studienmöglichkeiten fehlt das Fundament für diese Verantwortung.
In den vergangenen Jahren wurden bereits Studiengänge in Erfurt, Mainz, München und Potsdam eingestellt oder eingeschränkt – was die Ausbildungssituation und Praxis bereits spürbar schwächt. Die Belastungsgrenze ist erreicht. Es braucht jetzt ein klares Bekenntnis – und entschlossenes Handeln.
Wir fordern:
- Ein umfassendes Beteiligungsverfahren mit Studierenden, Absolventinnen und Absolventen, Berufsverband, Praxispartnern sowie Institutionen.
- Eine offene, transparente Prüfung aller Alternativen anstelle einer vollständigen Einstellung.
- Eine klare Begründung der Entscheidung, einschließlich einer Darstellung sozialer, wirtschaftlicher und kulturpolitischer Auswirkungen.
In dieser dringenden Angelegenheit bieten wir als deutschlandweite Vertretung der Restauratoren gerne an, an tragfähigen Lösungen mitzuwirken.
Sven Taubert, Gisela Gulbins, Dirk Sturmfels, Julia Brandt, Nadine Thiel
Präsidium des Verbands der Restauratoren
Stimmen aus der Hochschule
Lehrende und Studierende haben bereits Stellung bezogen und ihre Proteste an zentrale Institutionen übermittelt. Diese Dokumente stellen wir hier zur Verfügung:
Statement der Lehrenden (PDF)
Protest der Studierenden der HTW Berlin (PDF)
Setzen auch Sie ein Zeichen!
Wenn Sie sich für den Erhalt des Studiengangs einsetzen möchten, richten Sie Ihre Stellungnahmen direkt an die Hochschulleitung (Präsidium und Dekanat), den Berliner Senat (Bürgermeister Kai Wenger und Abteilungsleitung V Hochschulen) sowie das Kulturstaatsministerium. Alternativ können Sie Ihre Schreiben auch den Professorinnen und Professoren des Studiengangs übermitteln – sie sammeln diese und leiten sie weiter.
