Fachgruppe Moderne und Zeitgenössische Kunst

Seit den 1970er Jahren wird der zuvor durch praktische Ausbildung erworbene Berufstitel des/r Restaurator:in im Allgemeinen durch ein wissenschaftliches Hochschulstudium erreicht, dessen Curriculum als Grundlage für die Arbeit am Original auch ein Studium der Kunstgeschichte, Ethik, Chemie und anderen Geistes- und Naturwissenschaften erfordert. Mit der Akademisierung des Berufes ist das Promotionsrecht für die Konservierung und Restaurierung eingeführt worden. Auch haben sich neue Fachgebiete ausgebildet, darunter die Spezialisierung auf moderne und zeitgenössische Kunst.

Je nach Hochschule sind studienvorbereitende Praktika für den Erwerb der Studienzulassung empfohlen bzw. erforderlich.

Hochschulen mit einer Ausrichtung auf Konservierung und Restaurierung moderner und zeitgenössischer Kunst finden sich im deutschsprachigen Raum an der

• Technischen Hochschule Köln, Cologne Institut for Conservation Science CICS, Studiengang Restaurierung und Konservierung von Kunst- und Kulturgut Fachbereich Gemälde, Skulptur, Moderne Kunst;
• Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Studiengang Konservierung und Restaurierung von Kulturgütern, Fachbereich Konservierung Neuer Medien und Digitaler Information;
• Hochschule für Künste Bern, Studiengang Konservierung-Restaurierung, Fachbereich Moderne Materialien und Medien;
• Akademie der Bildenden Künste Wien, Studiengang Konservierung - Restaurierung, Fachbereich Moderne und Zeitgenössische Kunst.

Die für moderne und zeitgenössische Kunst charakteristischen Schadensbilder sind so vielfältig, wie die Werke selbst. Dazu gehört, dass die verwendeten Materialien mit zunehmender physikalischer und chemischer Alterung degradieren oder aber auch durch ungünstige, mechanische Einwirkungen, z. B. beim Transport oder Handling, beschädigt werden können.

Bei elektrotechnischen Komponenten, wie z. B. kinetischen, lichtbasierten oder audiovisuellen Elementen, kann es zu einer Obsoleszenz von Technologien und Einzelgeräten kommen, auf die das Werk gegebenenfalls aber aus konzeptuellen, ästhetischen oder funktionalen Gründen angewiesen ist.

Darüber hinaus sind Kunstwerke, die variable Elemente oder austauschbare Komponenten aufweisen und nur als funktionierendes System erfahrbar sind, anfällig für Fehlinterpretationen. Es kann z. B. zu Fehleinschätzung in Bezug auf die Austauschbarkeit von Komponenten oder zu Missdeutungen von Iterationsmöglichkeiten kommen.

Die Aufgaben von Restaurator:innen für moderne und zeitgenössische Kunst umfassen im Wesentlichen

• die kunsttechnologische, natur- und geisteswissenschaftliche Untersuchung der Werke zur Ermittlung der materiellen, herstellungstechnischen und/oder konzeptuellen Zusammensetzung, z. B. zur Ermittlung der Provenienz, Originalität/Echtheit, der Zustands-, Schadens- und Restaurierungsgeschichte sowie zur Determinierung von Strategien zur Konservierung, Restaurierung und Präsentation.
• die präventive Konservierung mit dem Ziel, Schäden; vorzubeugen z. B. durch ein strategisches Einwirken auf die Umgebungsbedingungen oder aber durch die Werkdokumentation und Bestimmung/Interpretation der identitätsbildenden materiellen und immateriellen Eigenschaften des Kunstwerks;
• die Durchführung und Dokumentation von Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen:
• die Anleitung und Koordination von restauratorischen Fachkräften und restaurierungsfremden Spezialist:innen zur Schadensprävention, -analyse und -behandlung, wie z. B. Naturwissenschaftler*innen, Materialhersteller*innen, Ingenieur*innen, Techniker*innen oder Programmierer*innen.
• die Planung und Durchführung von Künstler:inneninterviews und die Befragung von anderen Wissensträger:innen;
• die Erforschung von Materialien und Herstellungstechniken, der Restaurierungsgeschichte sowie die Entwicklung neuer Konservierungs- und Restaurierungsmethoden, -praktiken und -theorien;
• die konservatorische Betreuung, Planung und Verantwortung bei Ankauf, Präsentation, Leihverkehr und Lagerung von Sammlungsbeständen;
• die Beteiligung an der wissenschaftlichen Ausbildung von Restaurator:ìnnen, z. B. durch die Realisierung von Lehrveranstaltungen oder die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen;
• die aktive Teilnahme am konservierungswissenschaftlichen und kunsttechnologischen Diskurs, z. B. durch die Umsetzung von Forschungsprojekten und die Dissemination von Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen in Form von Symposien, Fachpublikationen und Konferenzbeiträgen
• Vermittlung restauratorischer Inhalte an eine interessierte Öffentlichkeit durch Führungen, Vorträge, Publikationen oder thematische Ausstellungen.

Restaurator:innen für moderne und zeitgenössische Kunst arbeiten für staatliche und private Museen, Kunstsammlungen, Archive und Galerien, für Künstler:innen bzw. deren Studios sowie in der Lehre und Forschung an Hochschulen, in naturwissenschaftlichen Institutionen und vergleichbaren Einrichtungen.

Im Vorfeld einer Neuerwerbung erstellen Restaurator:innen für moderne und zeitgenössische Kunst z. B. gutachterliche Stellungnahmen hinsichtlich verwendeter Techniken, Erhaltungszustand, Haltbarkeit, Restaurierungen oder der Echtheit eines Werkes. Beim Ankauf komplexer zeitgenössischer Kunstwerke mit variablen Elementen determinieren Restaurator:innen (mitunter im transdisziplinären Dialog), welche Komponenten und Informationen für die nachhaltige Bewahrung und Ausstellbarkeit der Werke durch das Museum eingefordert werden müssen.