Teil 37 der Serie „Mit Kalkül“: Während des Studiums der Restaurierung selbstständig sein – So geht es richtig

Serie „Mit Kalkül“ Folge 37 Während des Studiums der Restaurierung selbstständig sein – So geht es richtig In Deutschland üben zwischen 60 und 70 Prozent der Studierenden eine Nebentätigkeit aus; […]

Serie „Mit Kalkül“ Folge 37

Während des Studiums der Restaurierung selbstständig sein – So geht es richtig


In Deutschland üben zwischen 60 und 70 Prozent der Studierenden eine Nebentätigkeit aus; nach einer Umfrage der VDR-Restaurator:innen in Ausbildung (RiA) in der Konservierung-Restaurierung sogar rund 85 Prozent. Daher sind die Grundlagen für freiberufliches Arbeiten während des Studiums für viele unserer jungen VDR-Mitglieder relevant.

Hier soll ausführlich dargestellt werden, welche Vorteile es haben kann, schon während des Studiums ein Unternehmen zu gründen. Die andere Variante ist es selbstständig freiberuflich in freier Mitarbeit tätig zu sein. In beiden Fällen ist man, egal ob als Unternehmer:in oder Verpflichtete:r mit Werk-, Dienst- oder Honorarvertrag als selbstständige freiberufliche Restaurator:in tätig und die Bedingungen unterscheiden sich kaum. 

Unternehmensnamen

Die positiven Aspekte zu Beginn: Neben dem Studium kann man einer freiberuflichen Tätigkeit sehr gut nachgehen, denn dazu gehört, die Arbeitszeiten selbst festzulegen und frei zu entscheiden, wann und wo ich als Studierende:r tätig werde. Idealerweise kollidieren so die Arbeitszeiten nicht mit Vorlesungen und Seminaren. In Prüfungszeiten kann man sich stärker oder komplett auf den Lernstoff konzentrieren und in ruhigeren Phasen des Studiums mehrere Aufträge annehmen.

Die Realität sieht aber häufig anders aus, wenn man in freier Mitarbeit in der Restaurierung tätig ist und nicht direkt als Gründer:in in diesem Bereich startet. Oftmals kann man Arbeitszeiten und -orte nicht selbst bestimmen, muss weite, unbezahlte Anreisen in Kauf nehmen, sein Werkzeug und Arbeitsmaterialien für das Projekt stellen.

Sozialversicherungsbeiträge hingegen zahlt man komplett selbst und hat kein Anrecht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auf Urlaub. So geraten viele Studierende unter Druck. Es ist daher wichtig die Rahmenbedingungen für die Arbeit mit den jeweils Auftraggebenden sorgsam auszuhandeln und diese in einem Vertrag genau festzulegen, damit es im Laufe von Projekten nicht zu Unstimmigkeiten kommt.

Besonderheiten für freiberuflich arbeitende Studierende

Der Start in eine freiberufliche Tätigkeit ist gar nicht so kompliziert. Erste Berufserfahrungen können ohne großes Risiko gesammelt werden. Weil als Gründer:in alle Schritte, von der Akquirierung von Auftraggeber:innen bis zur Buchhaltung, selbst zu übernehmen sind, kann man sich nach und nach eine unternehmerische Denkweise aneignen. Außerdem hat man die Chance vorsorglich ein Netzwerk an Kund:innen aufzubauen. Natürlich erfordert die Arbeit als selbstständige Freiberufler:in neben dem Studium ein hohes Maß an Eigenmotivation, Disziplin und Organisation. Aber man kann schon während des Studierens herausfinden, ob dies der richtige Weg ist und man sich in der Unternehmer:innenrolle wohl fühlt.

Freiberuflich arbeitende Studierende müssen ein paar Dinge beachten, die sich von denen eines Studierenden ohne Nebentätigkeit oder von Vollzeit-Freiberufler:innen unterscheiden. Dabei geht es um Fragen der Steuern, der Krankenversicherung, der Sozialversicherung und des BAföGs.

Überschreitet man beispielsweise die 20-Stunden-Grenze im Semester regelmäßig, kann dies den Studierendenstatus gefährden und somit auch den Anspruch auf BAföG und andere Vorteile wie die Krankenversicherung für Studierende.

Steuerliche Aspekte für freiberuflich arbeitende Studierende

Der erste Schritt ist die Anmeldung beim Finanzamt. Innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Tätigkeit muss man sich als Freiberufler:in beim zuständigen Finanzamt melden und einen Bogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen. Das Finanzamt prüft die Angaben und kontrolliert, ob die angegebene Tätigkeit tatsächlich den Freiberufskriterien entspricht. Ist dies der Fall, erhält man eine Steuernummer, die u. a. für Rechnungen genutzt wird.

Als Freiberufler:in erstellt man eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) und gibt die Gewinne gegenüber dem Finanzamt an. Es gibt einen Grundfreibetrag von 12.096€, bis zu dem keine Steuern auf das Einkommen zahlen sind (Stand 2025). Das gilt für Unternehmer:innen wie für diejenigen, die frei an einem Auftrag mitarbeiten.

Wenn der Umsatz im vorigen Jahr unter 25.000€ lag und im laufenden Jahr voraussichtlich unter 100.000€ bleibt, kann man auch als Studierende/r die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und ist von der Umsatzsteuer befreit.

Krankenversicherung für studierende Freiberufler:innen

Studierende können – in der Regel bis zum Alter von 25 Jahren – und einem Einkommen von aktuell 535€ im Monat (Stand 2025) familienversichert sein oder einen Minijob mit 556 Euro Verdienst monatlich haben (Stand 2025).

Übersteigt das Einkommen diese Grenze oder arbeitet man regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden, muss man sich als Studierende/r selbst krankenversichern, entweder in der studentischen Krankenversicherung oder als Hauptberufler:in, falls die freiberufliche Tätigkeit nach Einschätzung der Krankenkasse als Hauptberuf gilt.

Ist man älter als 25 Jahre oder verdient zu viel, kommt für Nebenberufler:innen die gesetzliche Krankenversicherung für Studierende infrage. Stuft einen die Krankenkasse als Hauptberufler:in ein, greift diese Pflichtversicherung nicht.

Die gesetzliche Krankenversicherung für Studierende wird als Krankenversicherung der Studenten (KVdS) bezeichnet und ist in der Regel eine Pflichtversicherung für Studierende bis zu einem bestimmten Alter oder bis zum Abschluss des Studiums, sofern keine andere Versicherungspflicht vorliegt. Sie bietet einen vergünstigten Beitragssatz im Vergleich zur freiwilligen Versicherung und ist oft mit einer Pflegeversicherung kombiniert.

Die Versicherungspflicht beginnt meist nach Beendigung der beitragsfreien Familienversicherung, z.B. über die Eltern, nach dem vollendeten 25. Lebensjahr. Der Beitrag beträgt seit dem Wintersemester 2024/25 monatlich 87,38 Euro zuzüglich eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags. Der Zusatzbeitrag variiert je nach Krankenkasse. Hinzu kommt der Beitrag zur Pflegeversicherung, der sich nach Alter und Kinderzahl richtet.

Studierende können sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse ihrer Wahl versichern, die auch die studentische Krankenversicherung anbietet. Es ist ratsam, die verschiedenen Angebote der Krankenkassen zu vergleichen, da der Zusatzbeitrag unterschiedlich sein kann. Manche Krankenkassen bieten spezielle Services für Studierende an, wie z.B. Bonusprogramme oder eine Unterstützung bei der Gesundheitsförderung.

Für Studierende, die BAföG beziehen und Beiträge zur KVdS zahlen, besteht die Möglichkeit, einen BAföG-Zuschlag zu beantragen. Promovierende können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in die KVdS aufgenommen werden.

Besonderheiten bei der Sozialversicherung von studierenden Freiberufler:innen

Mit bis zu 20 Stunden Arbeit pro Woche bleibt man in der Regel sozialversicherungsfrei. In den Semesterferien ist es unter Umständen gestattet auch mehr als 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, ohne dass sich der Studierendenstatus ändert.

Wenn die Krankenkassen jedoch die freiberufliche Tätigkeit als Hauptberuf einstufen, muss man Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Auch die Deutsche Rentenversicherung führt in regelmäßigen Abständen Betriebsprüfungen bei Unternehmen durch, um zu kontrollieren, ob Arbeitgeber:innen Sozialversicherungsbeiträge korrekt berechnen und alle Meldungen vorgenommen haben.

Wie wirkt sich die Tätigkeit als Freiberufler:in aufs BAföG aus?

Studierende müssen ihre freiberufliche Tätigkeit dem BAföG-Amt melden, da diese als Einkommen angerechnet wird. Auch freiberuflich tätige Studierende können BAföG erhalten, aber es gibt Einkommensgrenzen zu beachten. Der anrechnungsfreie Betrag, bis zu dem man nicht mit Rückzahlungen zu rechnen hat, liegt derzeit bei 6.680 Euro (Stand WS 24/25) vor Steuern pro Bewilligungszeitraum. Das ist in der Regel ein Jahr, also zwei Semester. Jeder Euro darüber hinaus wird auf die BAföG-Leistung angerechnet.

Allgemeine Tipps für Studierende, die freiberuflich arbeiten

Sich frühzeitig vor Beginn der freiberuflichen Tätigkeit von einer Anwalts- oder Steuerkanzlei und von der Krankenkasse beraten zu lassen, kann sehr effektiv sein und verhindern Anfängerfehler zu begehen.

Es ist empfehlenswert, sich – ebenfalls noch ehe man mit der Arbeit beginnt – über mögliche Förderangebote für junge Selbstständige zu informieren, wie z.B. günstige Büroräume, Zuschüsse oder spezielle Förderprogramme für Gründer:innen.

Und last but not least: Wichtig ist es von Beginn an auf eine korrekte Rechnungsstellung zu achten und alle Belege sorgfältig aufzubewahren.

Hinweis: Beachten Sie bitte, dass unsere Serie Tipps für die Praxis vermittelt und ein Ratgeber von Restaurator:innen für Restaurator:innen ist. Sie können keine rechtliche, betriebswirtschaftliche oder finanzielle Beratung ersetzen. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Anfragen an eine Anwalts- oder Steuerkanzlei oder an Ihre Bank!
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