Zum Kulturgutschutzgesetz (KGSG), das am 6. August 2016 in Kraft getreten ist, hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im März 2017 eine Handreichung veröffentlicht, mit dem sich das VDR-Präsidium nun eingehender beschäftigt hat. Präsidiumsmitglied Dr. Ralf Buchholz zieht ein Resümee.
Die Handreichung ist 386 Seiten lang, davon finden sich auf 108 Seiten 14 Anhänge mit ergänzenden Richtlinien, Erläuterungen für einzelne Länder oder Kunstgutgruppen, Verordnungen für einzelne Besitzergruppen, die 18 FAQ´s (häufigste Fragen) und ältere Texte wie das UNESCO-Abkommen von 1970 zum Verbot der rechtswidrigen Einfuhr von Kulturgut. Sie ist dreiteilig aufgebaut. Nach der Schilderung von Einführung, Kernanliegen und Auswirkungen aus Sicht des Gesetzgebers findet sich in Teil 2 der Gesetzestext mit zahlreichen Erläuterungen und in Teil 3 dann die besagten Anhänge. Adressatenkreis der Handreichung sind insbesondere Sammler, Fachkreise wie Kulturgut bewahrende Einrichtungen, Verbände, Behörden auf Bundes- und Landesebene, Wissenschaft und Kunsthandel.
Das Präsidium des VDR hat sich zum Verständnis des KGSG und der nun ausstehenden Umsetzung mit den Justiziaren des DNK (Deutsches Nationalkomitee Denkmalschutz) und dessen Vertretern aus der Arbeitsgruppe Recht und Steuerfragen getroffen und über mögliche Konsequenzen aus dem KGSG diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass es sich beim KGSG zunächst um einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung handelt, zumal Bundesrecht Länderrecht bricht. Es fehlt jedoch an Präzisierungen, zum Beispiel dem verbindlichen Qualitätsnachweis für fachgerechte Restaurierungen.
Die Juristen verdeutlichten dabei, dass es nun noch Durchführungsbestimmungen und zunächst Rechtsprechung brauche und eine Art „Zuständigkeitsverordung“. Eine solche werde es auf Länderebene zur Umsetzung des KGSG hoffentlich bald geben. Bis dahin werden Zuständigkeitsfragen bisher eher als zahnloser Tiger oder „Programm“ zu verstehen sein. Kritiker werfen dem KGSG vor, noch zu viele Schlupflöcher z.B. für Raubgrabungen und Kunstgut daraus zu enthalten und fordern eine Verschärfung und weitere Abstimmung mit dem EU-Recht. Auch finden sich in der Handreichung keine verbindlichen Vernetzungen mit öffentlichen Hilfsleistern im Katastrophenfall oder Vorschläge für Räumungspläne, für Reaktionspläne oder Abläufe von Krisenfällen.
So ist man ist geneigt, das KGSG nur auf die im Gesamtverzeichnis national wertvollen Kulturgutes und wertvoller Archive anzuwenden. Was wir Restauratoren brauchen ist eine Wertschätzung des wissenschaftlichen und dem Kompetenzkatalog des VDR entsprechenden Umganges mit unserem Kulturgut und vor allem die entsprechende und verbindliche Terminologie. Da hilft schon eher das von ICOMOS gerade verfasste Statement zur „Begrifflichen Klarheit in Denkmalpflege und Restaurierung“.
Wichtigster Part und für Restauratoren im KGSG interessant ist sicherlich §18 mit dem Beschädigungsverbot: „Es ist verboten, Kulturgut, das in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen ist, zu zerstören, zu beschädigen oder dessen Erscheinungsbild nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend zu verändern, sofern dieses nicht zur fachgerechten Konservierung und Restaurierung oder zur Forschung nach anerkannten wissenschaftlichen Standards erfolgt.“ Aber Vorsicht vor zu hohen Erwartungen. Wenn wir Regelungen oder Aussagen dazu wie konkrete Qualitätsnachweise an dieser Stelle oder gar Impulse für den Berufstitelschutz erwarten, dann werden wir enttäuscht. Schön und wertschätzend ist es, dass bei spärlicher Bebilderung dann doch vier Abbildungen (Blick in eine Restaurierungswerkstatt sowie Bilder zu Reinigung, Abformung und 3D-Restaurierung) aus unserem Berufsfeld gewählt wurden.
Trotzdem ist das KGSG und die nun vorliegende Handreichung dazu ein wichtiges Material, ein Mosaikstein, auf dem wir Restauratoren aufbauen sollten! Das Denkmuster, das hinter dem Gesetz steht, und die darin verwendete Formulierung einer „fachgerechten Konservierung und Restaurierung“ kann und wird unsere Strategien weiterhin stützen. Wir dürfen nur nicht müde werden, unsere Arbeit in die Öffentlichkeit zu tragen und sie als kulturgutschützende Maßnahme darzustellen.
Wir bleiben dran und gestalten die Zukunft der Restauratoren – VDR!
Dr. Ralf Buchholz, Präsidiumsmitglied
Die Handreichung ist online abrufbar unter www.kulturstaatsministerin.de sowie unter www.kulturgutschutz-deutschland.de.
Druckexemplare der Handreichung für die Praxis können kostenfrei beim Publikationsversand der Bundesregierung (Postfach 48 10 09, 18132 Rostock (Servicetelefon: 030 18272-2721, Servicefax: 030 1810272-2721, E-Mail: publikationen@bundesregierung.de) bestellt werden.