Teil 28 der Serie „Mit Kalkül“: Mutterschutz und Mutterschaftsgeld für Selbstständige

Dezember 2023/ Wir beginnen mit einer guten Nachricht in der Vorweihnachtszeit: Selbstständige schwangere Restauratorinnen können Mutterschaftsgeld bekommen. Ein gesetzlicher Mutterschutz wie bei Angestellten existiert für Selbstständige jedoch nicht. Positiv ausgedrückt: […]

Dezember 2023/ Wir beginnen mit einer guten Nachricht in der Vorweihnachtszeit: Selbstständige schwangere Restauratorinnen können Mutterschaftsgeld bekommen.

Ein gesetzlicher Mutterschutz wie bei Angestellten existiert für Selbstständige jedoch nicht. Positiv ausgedrückt: Wenn Sie das möchten und gesundheitlich in der Lage dazu sind, dürfen Sie bis zum letzten Schwangerschaftstag arbeiten und nach der Geburt gleich wieder in Ihr Geschäft einsteigen. Aber das ist nicht unbedingt der Wunsch von selbstständigen Restaurator:innen.

In dieser Folge „Mit Kalkül“ möchten wir Ihnen daher die verschiedenen Wege zu Mutterschaftsleistungen für Selbstständige erläutern, die etwas komplexer sind als für Angestellte. Denn beim gemeinhin bekannten Mutterschutzgesetz handelt es sich um ein reines Arbeitnehmerinnenschutzrecht. Eine gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmerin erhält sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse, pro Tag bis zu 13 Euro. Arbeitgeber:innen stocken die Zahlung dann auf, so dass man auch während des Mutterschutzes auf sein bisheriges Nettogehalt kommt.

mutterschutz

Mutterschaftsgeld als Selbstständige

Anders als Arbeitnehmerinnen haben Selbständige keinen rechtlichen Anspruch auf Mutterschutz und Mutterschaftsgeld. Allerdings können sie unter bestimmten Umständen Mutterschaftsgeld beantragen.


Freiwillig versichert bei einer gesetzlichen Krankenkasse

Sind Sie als Selbstständige freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, erhalten Sie während der Mutterschutzfristen Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes von der Krankenkasse. Dann müssen Sie aber ausdrücklich und nachweislich mit Anspruch auf Krankengeld versichert sein. Haben Sie versäumt, den Krankengeldanspruch mit abzusichern, erhalten Sie auch kein Mutterschaftsgeld.

Die Höhe des Krankengeldes wird auf Grundlage des Einkommens der Versicherten berechnet. Mit etwa 70 Prozent des Einkommens, das vor Beginn des Mutterschutzes zu Grunde lag, können schwangere Unternehmerinnen rechnen. 


Privat krankenversichert

Als privat krankenversicherte Selbstständige erhalten Sie kein Mutterschaftsgeld. Nach dem Versicherungs-Vertragsgesetz haben allerdings selbstständige Frauen, die eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben, auch während der Mutterschutzfristen einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Krankentagegeldes. Sie dürfen in dieser Zeit nicht oder nur eingeschränkt beruflich tätig sein. Das Krankentagegeld beträgt höchstens 116,38 Euro (Stand Dezember 2023) pro Tag und in der Regel 70 Prozent des Arbeitseinkommens der letzten zwölf Kalendermonate.

Dabei sind vertraglich vereinbarte Wartezeiten beim Krankentagegeld zu berücksichtigen. Die Versicherungsunternehmen dürfen den Krankentagegeldanspruch während der Mutterschutzzeiten nicht vertraglich ausschließen, sie können jedoch eine Wartezeit (Karenzzeit) von maximal acht Monaten vereinbaren – dann kann das neue Krankentagegeld nicht direkt nach dem Abschluss des Versicherungsvertrags, sondern erst nach Ablauf der vereinbarten Karenzzeit in Anspruch genommen werden.

Wenn Sie einen Versicherungstarif abgeschlossen haben, der keinen Anspruch auf Krankentagegeld vorsieht, können Sie möglicherweise ein einmaliges Mutterschaftsgeld in Höhe von maximal 210 Euro bekommen. Bitte wenden Sie sich dafür an die Mutterschaftsgeldstelle des Bundesversicherungsamts.

Wichtiger Tipp: Egal ob Sie gesetzlich oder privat krankenversichert sind, erkundigen Sie sich frühzeitig bei Ihrer Versicherung, welche Leistungen Ihnen aufgrund Ihres Krankenversicherungsvertrages gewährt werden!

Keine gesetzliche Absicherung für arbeitsunfähige schwangere Selbstständige

Wie zu Beginn erläutert, haben Selbstständige nur eingeschränkt Anspruch auf Mutterschutz. Während der Schutzfristen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt erhalten sie lediglich ein Mutterschutzgeld in Höhe des Krankengeldes und nicht des bisherigen Nettogehalts wie Angestellte. Und dies auch nur dann, wenn sie rechtzeitig vor der Schwangerschaft einen Krankengeldtarif in der gesetzlichen Krankenkasse oder eine Krankentagegeldversicherung in der privaten Krankenkasse abgeschlossen haben.

Überhaupt keine finanzielle Absicherung des Lebensunterhalts haben selbstständige Frauen, wenn sie während der Schwangerschaft aufgrund gesundheitlicher Risiken für Mutter oder Kind nicht arbeiten können. Bei Angestellten greift dann das sogenannte Beschäftigungsverbot, bei Selbstständigen nicht.

Ebenfalls nicht abgesichert bei einem schwangerschaftsbedingten Arbeitsausfall sind bei Selbstständigen die betrieblichen Fixkosten. Dies kann unter Umständen in die Insolvenz führen.

Lösungsansätze in der Politik

Möglicherweise ändert sich bei der Umsetzung des Mutterschutzes für Selbstständige bald etwas. Denn alle Parteien des deutschen Bundestags sind sich einig, dass Schwangere – egal ob selbstständig oder angestellt tätig – gleich behandelt werden sollen.

Im September 2023 gab es eine öffentliche Anhörung des Familienausschusses, um einen besseren Mutterschutz und eine bessere Absicherung für Selbstständige mit kleinen Kindern zu fordern. In einer vorausgegangenen Petition „Gleiche Rechte im Mutterschutz für selbstständige Schwangere vom 6.5.2022“ heißt es unter anderem, dass Schwangerschaft keine Existenzbedrohung für Selbstständige darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen dürfe. "Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen, in investitionsintensiven Branchen Tätige und für Selbständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssten Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern. Aus diesem Grund müssten die europarechtlichen Regelungen zum Mutterschutz selbständiger Frauen in Deutschland umgesetzt werden." Familie und berufliche Selbstentfaltung müssten geschlechtsunabhängig ermöglicht werden. Es wird gefordert, dass im Falle einer Krankschreibung aufgrund von Schwangerschaftsbeschwerden Krankentagegeld ab dem ersten Tag der Krankschreibunggezahlt wird.

Auch dürfe es beim Krankengeld keine Abzüge geben, heißt es in der Petition. Das Krankengeld müsse auf der Grundlage der gezahlten Beträge und nicht auf der Grundlage des ausgefallenen Arbeitseinkommens berechnet werden. Darüber hinaus sollten schwangere Selbstständige einen voll bezahlten Mutterschutz genießen. Der schwangeren Selbstständigen derzeit maximal gewährte Betrag, der überdies mit dem Krankengeld verrechnet werde, sei angesichts der laufenden privaten und betrieblichen Kosten völlig unzureichend.

Soviel Einigkeit in den Zielen – die gesetzliche Gleichbehandlung aller Schwangeren – gab es selten in der Bundesregierung. Man darf auf die Lösungen gespannt sein!

Beachten Sie bitte, dass unsere Serie Tipps für die Praxis vermittelt und ein Ratgeber von Restaurator:innen für Restaurator:innen ist. Sie können keine rechtliche, steuerrechtliche oder psychologische Beratung ersetzen. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Anfragen an einen Anwalt, Steuerberater oder in Bezug auf das Thema der Selbstbestimmung und des Zeitmanagements an Coaches, Psycholog:innen oder Psychiater:innen!

Dr. Christiane Schillig

Weiterführende Informationen 

Hinweis unseres Mitglieds Bettina Lutzke im Februar 2024:
"Ich war für kurze Zeit Teil der Gruppe, die sich für den Mutterschutz für Selbstständige letztes Jahr eingesetzt hat und eine Petition und einen Gesetzesentwurf voran treibt. Daraus hat sich nun ein Verein gegründet namens "Mutterschutz für Alle!." Die Website (mutterschutzfueralle.de)" fasst wirklich alle relevanten Informationen zum Thema zusammen." Bettina Lutzke bittet um Verlinkung, was wir hiermit sehr gerne in die Tat umgesetzt haben! Danke für das Engagement.
Auf der Internetseite der Initiative finden Sie:

    • Erfahrungsberichte von Betroffenen. Es sind Geschichten, die Mut machen sollen und zugleich aufzeigen, welch hohes finanzielles Risiko bisher mit einer Schwangerschaft von (Solo)Selbstständigen und auch Stipendiantinnen einhergehen kann.
    • Aktuelle Informationen als Newsfeed, Pressemitteilungen und Veranstaltungen
    • Infos zum Netzwerk und zur Mitgliedschaft

Bisherige Erfahrungen zeigen: Obwohl es private Zusatzversicherungen gibt, gibt es immer wieder Hürden für die Antragstellerinnen. Versicherungen finden Auswege, die Auszahlungen oder gar den Abschluss einer Zusatzversicherung zu verweigern.  Erste Klagen laufen übrigens schon, einige wurden gewonnen, weitere sind anhängig.

Weitere Folgen der Serie "Mit Kalkül" können Sie im Mitgliederbereich unter "Betriebswirtschaftliche Infos" nachlesen. Bitte loggen Sie sich dafür als Mitglied ein.

"Mit Kalkül"