Natur und Kultur im Spannungsfeld – Symposium zur Siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft

Dem Erhalt einer der schönsten Kulturlandschaften Europas und ihrer existentiell gefährdeten Baudenkmale widmete sich das 1. Internationale Symposium „Kulturerbe Siebenbürgische Kirchenburgenlandschaft“ vom 4. bis 6. Mai 2018 in Berlin. Über 80 Fachbesucher […]

Dem Erhalt einer der schönsten Kulturlandschaften Europas und ihrer existentiell gefährdeten Baudenkmale widmete sich das 1. Internationale Symposium „Kulturerbe Siebenbürgische Kirchenburgenlandschaft“ vom 4. bis 6. Mai 2018 in Berlin. Über 80 Fachbesucher sowie hochkarätige und engagierte Fachreferenten aus Rumänien und Deutschland aus Lehre, Forschung, Landschaftsschutz, Restaurierung, Denkmalpflege, Archäologie und Bauforschung machten den Kongress zum Start eines zukunftsweisenden, interdisziplinären Austauschs.

 

Als der Botschafter Rumäniens in Deutschland, seine Excellenz S. E. Dr. h.c. Emil Hurezeanu, die Teilnehmer am ersten Abend des Kongresses im Haus der Botschaft von Rumänien in der Bundesrepublik Deutschland in Berlin empfing, spannte er in seiner Ansprache einen weiten thematischen Bogen. Er betonte, dass die länder- und fachübergreifenden Bemühungen des Symposiums nicht nur dem Erhalt einer einzelnen Kulturlandschaft dienen, sondern darüberhinaus auch der Bewahrung gemeinsamer europäischer Werte – in einer Zeit, in der solche Initiatven wichtiger denn je sind. Großer Dank gilt dem Botschafter für die Würdigung ebenso wie für die kulturelle und kulinarische Ausschmückung des Abends.

An den Kirchenburgen Siebenbürgens (Transsilvanien) lässt sich europäische Geschichte exemplarisch verfolgen – errichtet und ausgestattet von Einwanderern, die im 12. Jahrhundert gezielt aus dem deutschsprachigen Raum zur Neubesiedlung und Grenzsicherung angeworben wurden. Sie sind bis heute Teil der sächsischen Identität und gleichsam Beispiel friedlichen Zusammenlebens verschiedener Religionen im multiethnischen Rumänien.

Bis in das späte 20. Jahrhundert hinein wurden sie schließlich mühsam erhalten von den christlichen deutschen Gemeinden während ihrer „Diaspora“ im kommunistischen Rumänien und sind heute durch das Aussterben und die Auswanderung genau dieser siebenbürgisch-sächsischen Gemeinden akut vom Verfall bedroht. Es gibt 160 Kirchenburgen, 3 davon tragen den Titel UNESCO-Weltwerbe, 80 Bauten sind existenziell gefährdet.

In seinem Grußwort zum Kongress beschrieb Bischof Reinhart Guib, Vertreter der evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, die immense Größe der Aufgabe, vor der die Landeskirche als Eigentümerin bei der Erhaltung der Kirchenburgen steht. Zugleich äußerte er aber seine große Hoffnung, den Prozess des Verfalls verlangsamen zu können in Anbetracht der Vielzahl gesellschaftlicher und privater Akteure aus verschiedenen Fachdisziplinen und Ländern, die sich beim Symposium im Zeichen der Kirchenburgen versammelt haben.

Wichtig für dieses Ziel dürfte es sein, den von den Initiatoren des Kongresses eingeschlagenen Weg zur stärkeren Vernetzung und Zusammenarbeit über Länder- und Fachgrenzen hinweg mutig weiterzugehen. Denn die bisherigen Bemühungen zum Erhalt der Baudenkmale waren zwar vom großen Engagement rumänischer und deutscher Kirchenburgen-Enthusiasten geprägt, aber auch von den Problemen des nicht selten sporadischen und unkoordinierten Arbeitens. So wurden wertvolle Synergien verschenkt, weil langwierige Lernprozesse für jedes Projekt durchlaufen werden mussten, weil Fehler an verschiedenen Orten wiederholt wurden oder weil objektübergreifende Erkenntnisse, Prozesse und Routinen auf diese Weise gar nicht erst entstehen konnten.

So ist zu verstehen, dass die Veranstalter für die Vorträge des Symposiums neben best-practice-Fallstudien ausdrücklich auch Berichte von gescheiterten Projekten gewünscht hatten. Ganz im Sinne modernen “Fuckup Nights – Vom Scheitern lernen” – denn der beste Fehler ist der, aus dem viele lernen.

Diesem Wunsch wurde das Kongressprogramm genauso gerecht, wie seinem interdisziplinären und internationalen Anspruch. Insgesamt 20 Referenten aus Rumänien und Deutschland, die jeweils für verschiedene Spezialgebiete im Arbeitsfeld der Erhaltung und Nutzung der Kirchenburgen stehen, folgten der Einladung des VDR nach Berlin. Auf diese Weise entstand ein facettenreiches Gesamtbild zum Hauptthema der Konferenz. Die Komplexizität der Aufgabe wurde damit einmal mehr deutlich.

Einführenden Beiträgen zur Siedlungs- und Verteidigungsgeschichte Siebenbürgens folgten Vorträge zum Stand des Denkmalschutzes und zur Gesetzeslage der Denkmalpflege in Rumänien. Akteure aus Rumänien und Deutschland stellten Konservierungs- und Restaurierungsprojekte der Fachbereiche Wandmalerei, Altarretabel, Holzobjekte und Naturstein vor. Andere Präsentationen thematisierten die Architektur und kunsthistorische Aspekte der Kirchenburgen. Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Programms war die Verbindung von Denkmal-, Natur- und Kulturlandschaftsschutz.

Am Ende des zweiten Konferenztages leitete eine angeregte Podiumsdiskussion über zum informellen Austausch der Kongressteilnehmer. Kennenlernen und Zuhören standen dabei im Vordergrund, aber auch erste konkrete Vorschläge für die Zukunft: etwa die Erstellung eines Experten- und Leistungskatalogs, der Auskunft gibt darüber, wer welche Kompetenzen zu einem Projekt beitragen kann. Ein zentraler Terminkalender soll Übersicht über laufende Projekte verschaffen und zur Mitarbeit einladen. Und mittelfristig müssen staatlich organisierte Strukturen zur Aus- und Fortbildung von Fachhandwerkern in Rumänien geschaffen werden – eine Aufgabe, die nicht nur den Kirchenburgen helfen würde.

Zum Schluss noch einmal zum Start: In seiner Eröffnungsrede des Kongresses hatte der Präsident des Verbandes der Restauratoren (VDR), Prof. Dr. Jan Raue, die Wichtigkeit interdisziplinärer und internationaler Zusammenarbeit betont, für die der Verband der Restauratoren in Deutschland mit seiner fachlich hochspezialisierten Mitgliederschaft steht. Für ihr Engagement in diesem Sinne dankte er dem Organisationsteam, das das 1. Symposium „Kulturerbe Siebenbürgische Kirchenburgenlandschaft“ nicht nur initiiert, sondern auch ein Jahr lang mit viel Enthusiasmus und ehrenamtlichem Engagement organisiert und ermöglicht hat.

Von den anerkennenden Worten angesprochen fühlen durften sich vor allem Henriette Lemnitz, Sven Taubert sowie Dr. Ralf Buchholz, die den VDR im Organisationsteam vertraten, sowie die Vertreter der beiden Kooperationspartner Philipp Harfmann als Geschäftsführer der rumänischen „Stiftung Kirchenburgen“und Alexander Kloos, Vorsitzender des Vereins „Kulturerbe Kirchenburgen e. V.“.

Besonders großer Dank gilt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die das Berliner Symposium großzügig fördert. Claudia Domel, Vertreterin und Sonderbeauftragte für Mittel- und Osteuropa der Deutschen Bundesstiftung Umwelt betonte in ihrem Grußwort die Förderwürdigkeit der deutsch-rumänischen Vernetzung aller Akteure zum Erhalt und der Pflege des Kulturerbes Siebenbürgische Kirchenburgenlandschaft. Sie äußerte ausdrücklich den Wunsch, die gemeinsame Zusammenarbeit auf unterschiedlichen Ebenen unter Berücksichtigung der umweltrelevanten Aspekte zu qualifizieren und vor allem zu verstetigen.

Damit schließt sich der Bogen zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 - sharing heritage, in dem der VDR mit seinen Kooperationspartnern einen wertvollen Beitrag leistet.

Danke an alle Beteiligten! – Mulțumesc!

Bis zum nächsten Mal - dann in Siebenbürgen!

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