Restaurierung – ein Studium mit Zukunft?!

Seit mehr als 50 Jahren bilden Hochschulen und Akademien hochspezialisierte Fachkräfte für die Konservierung und Restaurierung aus. Dies ist ein riesiger Gewinn für unser gemeinsames kulturelles Erbe, das seither mit […]

Seit mehr als 50 Jahren bilden Hochschulen und Akademien hochspezialisierte Fachkräfte für die Konservierung und Restaurierung aus. Dies ist ein riesiger Gewinn für unser gemeinsames kulturelles Erbe, das seither mit wissenschaftlich fundierter Expertise durch Restaurator:innen geschützt, bewahrt und erforscht wird. Ohne ein Studium, davon sind wir überzeugt, ist die Einhaltung der international abgestimmten wissenschaftlichen Standards in der Restaurierung und Konservierung nicht zu garantieren.

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Auch wenn wir uns als Verband der Restauratoren (VDR) einerseits darüber freuen, dass die Hochschulen 2021 nahezu 150 Studienanfänger begrüßen konnten, sehen wir andererseits, dass das Interesse junger Menschen am Restaurierungsstudium in den letzten Jahren deutlich nachgelassen hat. Die Bewerber:innen- und Studierendenzahlen in Deutschland nehmen spürbar ab. Die Wahrheit ist, dass wir uns Sorgen um die Zukunft der akademischen Restaurator:innenausbildung machen müssen. Seit geraumer Zeit verschwinden immer mehr Studienrichtungen und Studienstandorte von der Landkarte restauratorischer Ausbildungsstandorte.

Auf das Bekanntwerden des Endes des dualen Studiums des RGZM (Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie) in Mainz im Januar 2021 mit seiner weithin bekannten Spezialisierungsrichtung für archäologische Restaurierung folgte die Einstellung des fachübergreifenden Studiengangs Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft an der Technischen Universität München. Dort soll – immerhin – als Nachfolgestudiengang künftig das Studium der Bauwerkserhaltung etabliert werden. Eine Restauratorenausbildung ist dies allerdings nicht.

Im letzten Jahr wurde schließlich auch die Beendigung der Spezialisierungsrichtung Metall im Studiengang Konservierung/ Restaurierung an der FH Potsdam publik. Auf der VDR-Mitgliederversammlung im November 2021 wurde hierzu große Besorgnis laut, hatte diese Fachrichtung doch Alleinstellungscharakter in der deutschen Hochschullandschaft.

Der nächste Fall folgte prompt: Ende Dezember 2021 wurde über die Presse bekannt, dass die FH Erfurt die Studienmöglichkeit der Konservierung und Restaurierung zum 31. September 2024 gänzlich einstellen wird. Damit ist der Versuch der Umstellung auf einen internationalen Studiengang gescheitert und – das ist folgenschwer – in der deutschen Restaurierungslandschaft gibt es damit keinen spezialisierten Studiengang für Glasrestaurierung mehr.

Von anderen Hochschulstandorten wissen wir, dass auch hier teils massive Sparzwänge bestehen und großer Druck auf unser kleines Studienfach ausgeübt wird. Wir müssen uns fragen: Warum sinkt die Zahl der Studienbewerber:innen und wie können wir das Studienfach und den Beruf attraktiv halten? Wo und wie können wir unseren interessanten Beruf bekannter machen?Der VDR begrüßt die Bemühungen verschiedener Hochschulen, den Studiengang zu erhalten und zukunftsfähig zu machen. Beispielhaft hierfür ist die Neuakkreditierung des Studiums als technisch-wissenschaftliche Qualifikation durch die HAWK oder auch die in Potsdam geplante Etablierung der Restaurierungsplanung als Spezialisierung.

Für uns als Berufsverband ist die Frage der Ausbildung des Nachwuchses ein zentraler Arbeitsschwerpunkt. Nach wie vor sind wir überzeugt davon, dass die Etablierung wissenschaftlicher Ansprüche und die Ansiedlung der Restaurierungsausbildung an Hochschulen und Universitäten der richtige Weg waren und sind. Der Erhalt der akademischen Ausbildung in ihrer Breite in Deutschland ist keine Selbstverständlichkeit. Wir müssen Strategien zum langfristigen Erhalt der Restaurierungsstudiengänge in Deutschland entwickeln.

Das kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen und in einen ernsthaften, offenen Dialog darüber treten, wie sie sich die Zukunft der akademischen Ausbildung in Deutschland vorstellen. Dies betrifft die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Studiengänge genauso wie eine zielgerichtete Bewerbung des Studienfachs generell und deutschlandweit – speziell auch der weniger bekannten Fachrichtungen, die uns sonst in Gänze verloren gehen.

Schon jetzt herrscht ein Mangel an Spezialist:innen für die Materialgruppen Glas, Metall, Papier, Textil, Stein. So hören wir es von vielen angestellten Kolleg:innen in öffentlichen Einrichtungen, die Aufträge nach außen vergeben. Genauso berichten uns zunehmend Selbstständige, dass sie mehr Anfragen haben, als sie bewältigen können und auch keine Kolleg:innen finden, an die sie die Kunden weiterreichen könnten. Versierte Restaurator:innen werden also durchaus gebraucht!

Wir sollten uns gemeinsam die zentrale Frage stellen, ob und in welchem Maße das Studium an Neuerungen und Entwicklungen am Markt angepasst werden kann. Die letzten zwei Dekaden sind geprägt von einer schwindenden Zahl an Festanstellungen. Die Selbstständigkeit als Freiberufler ist für die Mehrheit der Absolvent:innen nach dem Studium gelebte Realität. Es braucht also Studienabgänger:innen, die am freien Markt unternehmerisch bestehen können, die mit ausreichend betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kenntnissen gerüstet sind, die den vermehrt gefragten Planungsleistungen an den Museen und in der Denkmalpflege gerecht werden und die Debatten sicher gegenübertreten. Genauso erfordert es die aktuelle Lage, sich auch in der Restaurierung den Anforderungen des Klimawandels zu stellen und die Aspekte der Nachhaltigkeit, die der Beruf per se mit sich bringt, deutlicher herauszuarbeiten.

Der Berufsverband der Restauratoren möchte einen solchen Dialog mit allen Beteiligten initiieren. Ergreifen Sie mit uns die Chance, gemeinsam die Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir hoffen hierbei sehr auf Ihre Mitarbeit und freuen uns über Ihre Rückmeldung. Wir bieten an, als Verband der Restauratoren einen konstruktiven Austausch unter allen Beteiligten zu organisieren. Es ist an der Zeit.

Das VDR-Präsidium