Teil 26 der Serie „Mit Kalkül“: Segen und Fluch – Selbstbestimmung als freiberufliche Restaurator:innen, Teil 1

Teil 1: Arbeitszeit und Arbeitseinsatz Sich die Zeit frei einteilen, eigene Ideen verwirklichen, am Morgen ohne Gedrängel einkaufen, nachmittags mal durch den Wald joggen, im Atelier selbst entscheiden, wann Feierabend […]

Teil 1: Arbeitszeit und Arbeitseinsatz

Sich die Zeit frei einteilen, eigene Ideen verwirklichen, am Morgen ohne Gedrängel einkaufen, nachmittags mal durch den Wald joggen, im Atelier selbst entscheiden, wann Feierabend ist – so sieht der Traum von vielen Restaurator:innen aus, die sich selbstständig machen. Sein:e eigene:r Chef:in zu sein birgt jedoch Gefahren: Denn auch in Bezug auf den Arbeitseinsatz von Solo-Selbstständigen gilt, dass nur man selbst sich überprüft und niemand anderes auf einen aufpasst es mit den Arbeitsstunden weder zu unter- noch zu übertreiben.

In diesem ersten Teil der Folge „Segen und Fluch zugleich – Selbstbestimmung als freiberufliche:r Restaurator:in“ geht es zunächst einmal um ein gesundes Arbeitspensum und um das eigene Zeitmanagement sowie die Funktion der Kontrolle für sich selbst. In einem zweiten Teil werden wir uns näher mit der Selbstfürsorge, der Selbstsabotage und dem Selbstmitgefühl befassen.

Eindeutige Ziel- und Zeitvorgaben setzen

Als solo-selbstständige:r Restaurator:in ist man Einzelkämpfer:in im Alltag und bekommt in der Regel weniger Feedback und Wertschätzung von Kolleg:innen und Kund:innen, da man nicht in einem festen Team bei einem Unternehmen arbeitet. Was aber nach einer gewissen Zeit vielen Solo-Selbstständigen noch mehr zu schaffen macht, ist die mangelnde Trennung von Berufs- und Privatleben. Dieses Gefühl des Verlorenseins kann zum echten Energiefresser werden, weil klar definierte Erholungsphasen fehlen. Experten, die sich mit Zeitmanagement beschäftigen, raten dringend dazu, sich bei der Arbeit eindeutige Ziel- und Zeitvorgaben zu setzen und sich selbst zu kontrollieren.

Das Gefühl, „nie richtig Freizeit zu haben“, schleicht sich ein, setzt sich tief fest und der Beruf dominiert schließlich alle Lebensbereiche. Selbstständige haben immer zu tun – Aufträge an Land ziehen, kalkulieren, verwalten oder die Buchführung erledigen. Wenn viel Zeit zur Verfügung steht und die Auftragslage gerade nicht optimal ist, besteht sogar noch eine größere Wahrscheinlichkeit sich im „Papierkram“ oder in Mailkorrespondenz zu verlieren und unverhältnismäßig viel Energie auf die Verwaltung des eigenen Unternehmens zu verwenden – oft auch, um nicht nichts zu tun und das Gewissen zu beruhigen. Das kann sich schnell zu einem Teufelskreis entwickeln, in dem manch eine:r sogar in Zeitverzug mit wichtigen Auftrags- und Fristarbeiten gerät. Zu allem Überfluss steht noch nicht einmal ein:e Chef:in hinter einem und stellt Forderungen.

Alltagsteams bilden

Dass mangelnde Arbeitsorganisation hohen Leidensdruck erzeugt, wissen wir alle. Davon zeugen schon die vielen Techniken des Selbst- und Zeitmanagements, die wir beim Googeln der Suchbegriffe „Zeitplanung“ und „Selbstorganisation“ finden oder die zahlreichen Seminare und Webinare, die der Weiterbildungsmarkt bietet. Wenn es nicht daran mangelt, dass wir keine Methoden der Zeiteinteilung kennen, sondern an der Umsetzung der vielfach beschriebenen Theorie in die Praxis, muss man als Selbstständige:r Vorkehrungen treffen bzw. sich selbst überlisten.

Entweder bildet man mit einem Kollegen oder einer Kollegin in ähnlicher Lage eine Art Alltagsteam und informiert und überprüft sich gegenseitig, wie weit die jeweiligen Arbeiten gediehen sind. Sogar ein professioneller Coach kann sich in Einzelfällen bezahlt machen.

Wer sich selbst gut unter Kontrolle hat und wem nur ein wenig Struktur fehlt, kann sich auch einen persönlichen Zeitplan entwerfen und den Wecker danach stellen. Ob das klappt, wird sich schnell an den Ergebnissen zeigen, nur beschummeln sollte man sich nicht, denn sowohl die Erfolge als auch die Misserfolge fallen auf einen selbst zurück. Ganz wichtig bei allem ist, sich Pausen zu gönnen und Urlaub, in dem wirklich abgeschaltet und Energie getankt wird.

Tipps fürs Zeitmanagement

Ganz besonders für diejenigen, die gerne praktische Tipps nicht nur lesen, sondern auch befolgen (denn nur das hilft 😁!), listen wir hier in Kürze ein paar gängige Methoden fürs Zeitmanagement auf – natürlich ohne den Anspruch auf Vollständigkeit. Diese Zusammenfassungen sind vereinfacht und alle Techniken bergen natürlich Chancen und Risiken. Wir möchten sie in diesem Rahmen anreißen und Ihnen selbst überlassen, ob und inwieweit Sie sich mit einer der Methoden anfreunden. Sagen Ihnen bestimmte Techniken besonders zu, können Sie sich ausführlich im Internet und/oder in Workshops, Seminaren und Webinaren damit befassen.

Timeboxing 

Die Methode hilft dabei, die Arbeit in überschaubare Abschnitte einzuteilen und Aufgaben besser zu planen und zu priorisieren. Hier wird ein bestimmter Zeitrahmen für eine Aufgabe festgelegt. Während dieser Zeit konzentriert man sich nur auf diese Aufgabe und erledigt so viel wie möglich in der festgelegten Zeit. Ist die Zeit vorüber, bewertet man das Ergebnis. Währenddessen achtet man nicht auf eingehende Telefonate, ein blinkendes Chat-Symbol sowie sich ankündigende E-Mails in Outlook und wirft nicht einmal einen flüchtigen Blick darauf.

Timeblocking

Mit dieser Strategie planen Sie Ihren gesamten Tag durch und schlüsseln Ihre Arbeitswoche in kleine, überschaubare Zeitabschnitte auf. Darin enthalten sind die Arbeit am Kulturgut, die Buchführung, Akquise, aber auch das Lesen von E-Mails, die Fortbildung, Recherche, Pausenzeiten und Sport. Wenn Sie Ihre Pläne beachten und Punkt für Punkt abarbeiten, wissen Sie am Ende der Woche, womit Sie Ihre Zeit tatsächlich verbringen.

Eisenhower-Prinzip

Hier werden wichtige und dringende Aufgaben von unwichtigen und nicht dringenden Aufgaben unterschieden. Fundamental ist, dass wichtige Aufgaben sofort erledigt werden und unwichtige Aufgaben je nach Möglichkeit delegiert oder eliminiert werden. (Das Delegieren ist schwierig für Solo-Selbstständige.) Wichtige Aufgaben sind solche, die einen unmittelbaren Bezug zu definierten Zielen besitzen.

Eat the frog

Die Redewendung „Eat the frog“ geht zurück auf ein amerikanisches Sprichwort. Es besagt, dass wenn man morgens nach dem Aufstehen als erstes einen lebenden Frosch verspeist, man beruhigt durch den Tag gehen und darauf vertrauen kann, dass dies das Schlimmste war, was einem an diesem Tag passieren konnte. Im Übertragenen für das eigene Zeitmanagement heißt es mit der schwierigsten und wichtigsten Aufgabe zu beginnen. Das gleichnamige Buch „Eat the frog“ von Brian Tracy, dem Erfinder dieser Methode, ist eine Anleitung zu diszipliniertem und erfolgsorientiertem Handeln in 21 Schritten.

Pareto-Prinzip

Bezogen auf Techniken des Zeitmanagements und das Ziel sich die Zeit gut einzuteilen, bedeutet das Pareto-Prinzip: Mit 20 Prozent Einsatz erreichen Sie 80 Prozent des Ergebnisses. Wenn Sie ein 100-prozentiges Ergebnis erzielen wollen, müssen Sie 80 Prozent mehr Einsatz leisten. Dieser Zeitaufwand ist unverhältnismäßig hoch und entfällt daher. Auch wenn sich das Pareto-Prinzip besonders für Führungskräfte mit Personalverantwortung eignen soll, können auch Berufseinsteiger:innen und alle anderen Berufsausübenden wertvolle Aspekte darin entdecken.

Die Don'ts

Zum Schluss liegt uns eine kleine Liste der „Don´ts“ am Herzen, die nicht originell ist, deren Befolgung sich aber als sehr effizient erweist. Dies sind Richtlinien, die auch Arbeitnehmer:innen in ihren Jobs befolgen müssen, damit sie produktiv bleiben:

  • E-Mails nur zu bestimmten Zeitpunkten checken und beantworten (höchstens 4 bis 5 mal täglich)
  • Private E-Mails in der Pause oder nach Feierabend lesen und schreiben
  • Keine allgemeine E-Mail, Foren- und Networking-Korrespondenz zwischendurch und ständig, sondern in kleinen Zeitslots von ca. 15 Minuten
  • Newsletter-, Mailinglisten- und Newsfeed-Lektüre auf freie Zeiten am Nachmittag verbannen. Unnötige Feeds kündigen
  • Keine Internet-Recherchen und Computer-Installationen tagsüber, wenn sie nicht im direkten Zusammenhang mit konkreten Aufträgen stehen.

Beachten Sie bitte, dass unsere Serie Tipps für die Praxis vermittelt und ein Ratgeber von Restaurator:innen für Restaurator:innen ist. Sie können keine rechtliche, steuerrechtliche oder psychologische Beratung ersetzen. Bitte wenden Sie sich bei individuellen Anfragen an einen Anwalt, Steuerberater oder in Bezug auf das Thema der Selbstbestimmung und des Zeitmanagements an Coaches, Psycholog:innen oder Psychiater:innen!

Dr. Christiane Schillig

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