Stein-Konferenz „A Future for Stone“

"A Future for Stone", unter diesem Motto fand im September 2016 die mittlerweile 13. Internationale Stein-Konferenz statt. Jetzt sind die Tagungsbände erhältlich. Als kostenloser Download im Internet und als Buchausgabe […]

"A Future for Stone", unter diesem Motto fand im September 2016 die mittlerweile 13. Internationale Stein-Konferenz statt. Jetzt sind die Tagungsbände erhältlich. Als kostenloser Download im Internet und als Buchausgabe im Fachhandel zu einem moderaten Preis. Die alle vier Jahre stattfindende Konferenz mit dem Titel "Deterioration and Conservation of Stone" gilt als das wichtigste Forum für die Steinkonservierung und als Richtungsweiser für neue Entwicklungen und Methoden. Veranstaltungsort war das Städtchen Paisley in der Nähe der schottischen Metropole Glasgow.

Ein Tagungsbericht von Wanja Wedekind

Teilnehmer der Konferenz beim Kongress-Dinner in der Kelvingrove Art Gallery und Museum in Glasgow (photo courtesy of conference organisators)

In der historischen Stadthalle der Stadt konnte John Hughes von der University of the West of Scotland in Zusammenarbeit mit Historical Environment Scotland über 200 Gäste aus aller Welt willkommen heißen. An fünf Tagen wurden insgesamt 200 Beiträge zur Steinverwitterung, neue Mess- und Untersuchungsmethoden sowie interessante Fallbeispiele aus der Steinkonservierung präsentiert und zur Diskussion gestellt.

Inhaltlich hervorzuheben bleibt, dass insbesondere viele jüngere Konservierungswissenschaftler versuchten, den Prozessen der Verwitterung genauer auf die Spur zu kommen und sich auch zu den Langzeitwirkungen möglicher Interventionen Gedanken machten. So stellte z.B. Timothy Wangler (ETH Zürich) interessante Ergebnisse zum Verhalten von Quellminderern vor und fragte sich, wie sich die Spannung, die im Steinmaterial nach einer Behandlung induziert wird, langfristig auswirkt. Andere Autoren untersuchten die Porenraumveränderung nach Festigungsmaßnahmen und ihren Einfluss auf Schädigungsprozesse (Croveri et al.). Andere beschäftigten sich mit den Prozessen der Salzkristallisation (Derlyun et al., Desarnaud et al., Shahidzadeh et al.) oder Frostsprengung (Walbert et al.) oder untersuchten die Gründe für die Schalenbildungen an Kalksteinen (Cherblanc et al.), von Molasse-Gestein (Tiennot et al.) oder an den Tempeln von Angkor (Wedekind et al.).

Auch zu methodischen Problemen wurde sich Gedanken gemacht: Die Arbeit von Matea Ban (TU Wien) versucht für ein methodisches Problem der Steinkonservierung einen Lösungsansatz zu entwickeln. Denn die meisten Studien zur Steinfestigung sind nicht auf den Einsatz für die praktische Konservierung übertragbar. Der Grund hierfür ist, dass Testreihen in der Regel an intaktem, bruchfrischen Material durchgeführt werden, das petrophysikalisch ganz andere Eigenschaften aufweist als das verwitterte Gestein. Frau Ban hat deshalb unterschiedliche Methoden künstlicher Alteration an bruchfrischem Probenkörpern angewendet und untersucht, inwieweit die dadurch induzierten Schäden den Verwitterungsformen am Baugestein entsprechen.

Auch der Einfluss von architektonischen Schutzkonzepten, der Einhausung und Überdachung wurde in mehreren Beiträgen untersucht und kritisch hinterfragt (Franzen, Kraus). So führten entsprechende Maßnahmen vielerorts zu Folgeschäden durch eine verstärkte Salzverwitterung wie an archäologischen Stätten auf Malta (Cabello-Briones, Viles) oder den in den anstehenden Stein gemeißelten Buddhastatuen in Japan (Kiriyama et al., Takatori et al.). Die Fälle dokumentieren eindringlich, dass die eigentlichen Schadensfaktoren in der Vergangenheit nur ungenügend verstanden worden sind und Überdachungen und Einhausungen auch einen kontraproduktiven Effekt haben können.

Die Forschung verlagert sich also zusehends von der Beschreibung von Verwitterungsphänomenen (vgI. SCS-ICOMOS glossary on stone deterioration patterns) auf ein genaueres Verständnis der Verwitterungsprozesse und sucht auch methodisch nach neuen Wegen. Beides hat auch direkte Relevanz für die Konservierung, denn erst wenn das Räderwerk der Verwitterung verstanden ist, wird es möglich an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen um die Prozesse zu beeinflussen.
An allen Beiträgen waren insgesamt 635 Wissenschaftler aus der Grundlagenforschung und den angewandten Wissenschaften aus 39 verschiedenen Ländern beteiligt. Die meisten Wissenschaftler mit jeweils etwa 100 Personen kamen aus Frankreich und Italien, gefolgt von Deutschland, England und den USA. Bei einem Blick auf Herkunft der Universitäten, Institutionen oder Unternehmen, an denen die Studien erarbeitet wurden, sind vier Gruppen erkennbar (siehe Diagramm). Länder in denen 25-19 Studien entstanden sind Italien, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich und die USA. Fünf bis 10 Studien entstanden in Polen Österreich, Mexiko, Belgien, Japan und Spanien. Jeweils vier Arbeiten wurden in Ungarn, der Schweiz, Korea und Griechenland erarbeitet.

Erfreulich waren neben der starken Beteiligung aus Asien (insbesondere Japan und Korea) die zahlreichen Beiträge aus Mexiko. In Mexiko, einem Land mit 39 Welterbestätten und hoher Denkmaldichte, gibt es bis heute keinen Studiengang für Steinkonservierung. Nichts desto trotz scheinen hier die seit etwa 10 Jahren bestehenden Kooperationen zwischen deutschen und mexikanischen Hochschulen und Universitäten (HAWK Hildesheim und Universität Göttingen) Früchte zu tragen. An den insgesamt acht8 Beiträgen mit mexikanischer Beteiligung waren auch zahlreiche Restauratoren beteiligt, die von den Kooperationen beider Länder profitieren könnten.Schade war hingegen, dass auf der Konferenz kein einziger Beitrag von Studierenden aus Deutschland präsentiert wurde. Dies ist deshalb irritierend, weil in den letzten vier Jahren rund 35 Abschlussarbeiten mit Bezug zur Steinkonservierung an den fünf deutschen Studien-Standorten entstanden sind (vgl. Hornemann Institut). Gelegenheit hieran etwas zu ändern und die Arbeit der akademischen Steinkonservatoren sichtbar zu machen, bietet der nächste Veranstaltungsort der Konferenz im Jahr 2020.

Dann findet der Kongress im Zentrum Deutschlands, in Göttingen/Kassel statt. In den Arbeitsgruppen der Professoren Siegfried Siegesmund (Universität Göttingen) und Bernhard Middendorf (Universität Kassel) sind in den letzten zwei Dekaden wichtige Arbeiten zur Steinverwitterung und Konservierung entstanden. Auch Diplom- bzw. Restauratoren mit Masterabschluss haben in diesem Zusammenhang Dissertationen vorgelegt. Erklärtes Ziel der Veranstalter ist es, auch die Hochschulen mit einer Ausbildung von Restauratoren stärker am Kongress zu beteiligen, dies gilt auch für die entsprechenden Fachgruppen im deutschen Nationalkomitee von ICOMOS und dem Verband der Restauratoren (VDR).

Die Bereitschaft und den Willen zum verstärkten Dialog zwischen Grundlagenforschung und angewandten Wissenschaft betonte auch Hilde de Klerk (Kika, Brüssel) in ihrem Abschlussstatement. Das dies eine wichtige Angelegenheit auch für die Zukunft bleibt, unterstreicht das Missverhältnis beider Berufsgruppen in den wissenschaftlichen Gremien wie dem permanenten wissenschaftlichen Komitee der Konferenz oder dem "International Scientific Committee for Stone" (ISCS) von ICOMOS. In beiden Gremien sind Restauratoren/Konservatoren nach wie vor dramatisch unterrepräsentiert. Ob die Steinkonservierung als angewandte Wissenschaft eine Zukunft hat, entscheidet sich letztlich auch an dieser Stelle an der Frage einer angemessenen Partizipation.

Der unermüdlichen Arbeit und exzellenten Gastgeberschaft von John Hughes hingegen ist es zu verdanken, dass die Tagungsbände frei zugänglich sind, eine Partizipation am präsentierten Wissen also uneingeschränkt möglich ist. Beide Tagungsbände können als Open Access kostenlos von der Internetseite der Universität heruntergeladen werden. Alternativ gibt es die Tagungsbände als Paperback gegen Bezahlung.