VDR-Stellungnahme: Drohendes EU-Verbot von Blei

Die Europäische Chemikalienagentur möchte jegliche Arbeit mit Blei von einer Sondergenehmigung abhängig machen. Dadurch ergeben sich erhebliche Einschränkungen für die Bewahrung und Präsentation vieler Kulturgüter. Der VDR bezieht Stellung und bittet seine Mitglieder ebenfalls bis zum 2. Mai 2022 Widerspruch einzulegen.

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) möchte jegliche Arbeit mit Blei von einer Sondergenehmigung abhängig machen. Dadurch ergeben sich erhebliche Einschränkungen für die Bewahrung und Präsentation vieler Kulturgüter. Widerspruch kann noch bis zum 2. Mai 2022 eingelegt werden.

Stellungnahme des Verbandes der Restauratoren

 

Bitte um Ausnahmeregelung für die Verwendung von Blei an Kunst- und Kulturgut, bezogen auf die vorgeschlagene EU-Verordnung [REACH Anhang XIV, EG-Nummer 231-100-4]

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Material Blei ist Bestandteil von Kunst- und Kulturgut fast aller Epochen und Gattungen, insbesondere des Industriellen Kulturguts, kunsthandwerklicher Objekte, Metallskulpturen, Musikinstrumenten, historischen Gebäuden, archäologischen Objekten oder Glasmalerei.

In künstlerischer oder funktionaler Verwendung begegnen wir Blei beispielsweise als gegossene Bleifiguren oder –skulpturen, Wuchtgewichte im technischen Kulturgut oder bei Tasteninstrumenten, Orgelpfeifen, historischer Munition und Waffen, als Bleiverglasungen von Glasfenstern, in der Architektur als Walzblei im Dach- und Fassadenbereich, als Rohre und Leitungen oder Bleiverstemmungen im Stein. Bleiverbindungen sind auch als Pigmente in historischen Korrosionsschutzanstrichen, Farbfassungen von Gemälden, Skulpturen und Möbeln enthalten, ebenso in bleihaltigen Keramikglasuren, Emails oder Bleikristallglas.

Restaurator:innen schützen und erhalten diese Objekte und Werke des kulturellen Erbes[1] für die langfristige Nutzung, Forschung und Wissensvermittlung. Ihre Tätigkeiten bestehen in der wissenschaftlichen und praxisorientierten Erforschung und Bewahrung von Material, undHerstellungstechniken im kulturellen Kontext sowie in der Entwicklung, Planung und Durchführung von Maßnahmen für deren Erhalt.

Ohne Blei können wichtige Bereiche der Konservierung-Restaurierung in unseren Museen und der Denkmalpflege nicht mehr ausgeführt werden. Darüber hinaus ist dieses Material für den Fortbestand des Wissens um historische Techniken und für deren Rekonstruktionen unverzichtbar.

Die Toxizität von Blei und seinen Korrosionsprodukten ist sehr gut bekannt und seine Gesundheitsrisiken werden in der Branche professionell gehandhabt. Die Verwendung von  Absauganlagen, geeigneter persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und regelmäßige Bluttests im Rahmen ausformulierter Betriebsanweisungen sorgen für einen kontrollierten Umgang mit dem Gefahrstoff und minimieren das gesundheitliche Risiko.

Wir fordern die ECHA und die Europäische Kommission nachdrücklich dazu auf, die Verwendung von Blei bei der Herstellung, Erhaltung, Lagerung, Transport und Präsentation von Kunst- und Kulturgut von dem vorgeschlagenen Verbot auszunehmen. Ein solches Verbot würde nicht nur den Erhalt und die Präsentation dieser Werke in Museen, Archiven, Sammlungen, Kirchen und öffentlichen Gebäuden erschweren, sondern auch den Lebensunterhalt von Restaurator:innen, die für den Erhalt unseres bedeutenden Kulturerbes in Europa arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Sven Taubert, VDR-Präsident

[1] Kulturelles Erbe bezeichnet „materielle und immaterielle Zeugnisse die für gegenwärtige und zukünftige Generationen von Bedeutung sind“.
DIN EN 15898:2019, Erhaltung des kulturellen Erbes – Allgemeine Begriffe; Dreisprachige Fassung. S. 17.

Aufruf

Der VDR bittet alle Mitglieder, Restaurator:innen und weiteren Akteure in der Denkmalpflege in der Angelegenheit des drohenden Bleiverbotes auf der Ebene der EU aktiv zu werden.

Bitte laden Sie Ihre Einwände und Kommentare an die ECHA hier hoch: https://echa.europa.eu/de/recommendation-for-inclusion-in-the-authorisation-list/-/substance-rev/68608/term

An Frau Gabriel als Generaldirektorin für Bildung und Kultur der EU-Kommission können Sie Ihre Argumente auf folgender Website richten:
https://comments.echa.europa.eu/comments_cms/CallForInfo.aspx?substancename=Lead&ecnumber=231-100-4

Es ist dringend erforderlich, dass möglichst viele Betroffene gleichzeitig ihre Einwände vorbringen, damit dieser unbegreifliche Plan nicht zur Ausführung kommt.

Der VDR selbst hat die nebenstehende Stellungnahme den Verantwortlichen bereits zugesandt. Wir würden uns freuen, wenn Sie dieses Schreiben (in entsprechend Ihren Wünschen abgeänderter Form) ebenfalls entweder postalisch oder online einsenden würden.

Blei ist in der Restaurierung und Denkmalpflege ein nicht wegzudenkender Werkstoff. Foto: pixabay
Blei ist in der Restaurierung und Denkmalpflege ein nicht wegzudenkender Werkstoff. Foto: pixabay