Die eigene Position kraftvoll vertreten – offen für den Dialog!

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ZDH und der VDR treffen sich Anfang Juni 2018 auf Einladung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege BLfD in München. Für mich persönlich ist das ein […]
Prof. Dr. Jan Raue

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ZDH und der VDR treffen sich Anfang Juni 2018 auf Einladung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege BLfD in München. Für mich persönlich ist das ein wichtiges Datum in meinem Kalender, auch angesichts des laufenden Kulturerbejahres "Sharing Heritage" der Europäischen Union. Der teils wegbrechende Nachwuchs bei den Denkmalberufen akademischer und handwerklicher Natur ist Anlass, sich an einen Tisch zusetzen und über Strategien nachzudenken, gemeinsam eine bessere, anziehendere Außendarstellung unseres breiten Tätigkeitsfeldes zu bewirken. Hierzu gehört auch der Appell „Berufliche Perspektiven in der Denkmalpflege stärken und vermitteln“, den das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz auf seiner Jahrestagung am 13. November 2017 in Basel beschlossen hat.

Zunehmend ist in den letzten Monaten der konfliktbehaftete Umgang in den Fokus der Fachöffentlichkeit genommen und als unproduktiv, ja schädlich angesprochen worden – so zuletzt bei der Jahrestagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz. Zu Recht wird gefragt, warum sich junge Menschen für ein Berufsfeld entscheiden sollten, welches sich als zerstritten und prekär darstellt. Ich teile diese Einstellung und möchte seitens des VDR dazu beitragen, mit dem ZDH unter Moderation des BLfD den jahrzehntelangen Konflikt zum gegenseitigen Vorteil aufzulösen.

Wie?! – werde ich gegenwärtig von einzelnen Mitgliedern gefragt –, das Handwerk will jetzt auch noch den DQR-7 (Deutscher Qualifikationsrahmen) für die Restauratoren im Handwerk – und ihr setzt euch an einen Tisch? Ja, es stimmt, dieser DQR-Vorstoß trifft viele unserer Mitglieder hart und wird von manchem als bedrohlich für die eigene berufliche Situation und als Abwertung akademischer Qualifikationen empfunden. Diese Stimmen kann und will ich nicht unterdrücken, denn wie Sie wissen, ist der VDR demokratisch und diskussionsoffen strukturiert. Und wenn ich dennoch für den Dialog werbe, muss ich aushalten, dass umso fordernder im VDR nachgefragt wird, wo der Schutz der Berufsbezeichnung Restaurator bleibt?

Richtig, um diesen geht es. Dieses Ziel wird nur im Dialog zu erreichen sein. Aber seien Sie unbesorgt – der VDR wird seine Grundüberzeugungen und Beschlüsse nicht aufgeben. Wer etwa erwartet, dass Restauratorinnen und Restauratoren aufhören, sich als Restauratorinnen und Restauratoren zu begreifen, zu definieren und zu bezeichnen, würde mit unrealistischen Erwartungen in den Dialog eintreten. Wie sollten wir demnächst 200 Jahre Berufsgeschichte – siehe hierzu das Forum wissenschaftliches Arbeiten in Restaurierung und Denkmalpflege FORWARD – und ganz aktuell 50 Jahre Hochschulausbildung für Restauratoren vergessen oder leugnen können? Dass das Handwerk dabei ebenfalls seine Interessen formuliert, ist durchaus legitim. Wo diese aber unsere Interessen beschneiden, dürfen, ja, müssen wir unsere Gegenposition öffentlich wahrnehmbar machen und auf Fehlentwicklungen hinweisen.

Und wenn wir das tun, dann geht das, bitte, nicht „gegen das Handwerk“ – das sollte jedem, der sich berufspolitisch interessiert, klar sein. Adressat ist in erster Linie die Politik. Dieselbe Politik nämlich, die dem Handwerk einen DQR-7 verleihen kann, kann diesen auch den FH-Diplomabsolventen zusprechen! Mit dem gleichen, ich sage, sogar mit größerem Recht. Ich würde mir wünschen, dass sich auch die Politik dem Dialog öffnet – an Angeboten von unserer Seite dazu mangelt es jedenfalls nicht.

Dieselbe Kultusministerkonferenz könnte z.B. ihren – sich in dem Zusammenhang nun als verhängnisvoll erweisenden – Beschluss, die FH-Diplome auf DQR-6 zu zementieren, korrigieren. Auch das wäre ein Weg, eine offensichtlich drohende berufspolitische Schieflage abzuwenden. (Über die Wertigkeit der akademischen Abschlüsse Diplom FH zum BA/MA-System und zur Einordnung in das Punktesystem des DQR/EQR gibt es ein aktuelles Gutachten.) Wenn wir einen ordnungspolitisch sauber geregelten Rahmen für den Schutz des kulturellen Erbes fordern, bei dem alle Akteure Aufmerksamkeit und Würdigung finden, geht dieser Appell in erster Linie an die zuständigen Landes- und Bundesministerien und deren Führungen!

Förderung des Handwerks ist aus unserer Sicht gut – Wertschätzung darf aber sicher auch denen nicht versagt werden, die erfolgreich ein Hochschulstudium absolviert haben. Vielleicht hilft es dabei, wenn wir darauf hinweisen, was „wir“ können – und welche Facette demnächst beim Kulturerbeschutz fehlen würde, wenn es nicht baldmöglichst zu einem Umsteuern in Richtung Ausgewogenheit der Anerkennung kommt? Dafür, dass wir unsere Kompetenzen herausstellen und auch mal verdeutlichen, was die Unterschiede in der Herangehensweise von Handwerkern und Restauratoren ausmacht, müssen wir uns jedenfalls nicht entschuldigen.

Denn Gleichmacherei, das hieße das Niveau auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner festschreiben – ganz bestimmt keine Alternative, wenn es um Qualität bei Erhalt des kulturellen Erbes geht! Kämpferisch die Interessen von Kunst und Kultur vertreten, die eigenen Stärken hervorheben und dabei offen für den Dialog und wertschätzend für das berufliche Umfeld bleiben: Das erscheint uns vom VDR als das Mittel der Wahl.

Ich denke, das kommt auch an und bin dankbar, wenn sich gemeinsame Initiativen zu vertrauensbildenden Maßnahmen zwischen Handwerk und Restauratorenschaft entwickeln. Der Bereich der Berufsbildung verlangt aufgrund zurückgehender Bewerberzahlen danach, Erfahrungen und Kompetenzen zu einer bisher fehlenden Innovationskraft und damit zum gegenseitigen Vorteil zu verbinden. Auch das wird Thema in München sein und man darf auf das Ergebnis gespannt sein.

Die geplanten „Tandem“-Vorträge, die Restauratoren gemeinsam mit Restauratoren im Handwerk (RiH) auf der Leipziger Denkmalmesse im November 2018 halten werden, sind ein weiterer Beitrag zu Ausgewogenheit, gegenseitiger Anerkennung und gelebtem Realitätssinn. „Best Practice“ ist das Thema, auf gut Deutsch: Unsere guten Erfahrungen in der praktischen Zusammenarbeit bei der Lösung von Problemen der Denkmal- und Kulturgutpflege. Bitte beteiligen Sie sich mit Projekten aus Ihrer Praxis, bei denen Sie auf gute Erfahrungen der Kooperation zurückgreifen können! (zum Call for Papers "Kulturerbe braucht Restauratoren")

Mit Dank und herzlichen Grüßen,
Ihr Jan Raue

11. Mai 2018