Report aus dem Präsidium August/2021

Auf den Sommer haben wir uns gewiss alle gefreut in der Hoffnung, dass das Corona-Virus  zurückgedrängt wird und wir alle wieder ein weitgehend „normales“ Leben führen werden. Tatsächlich steht seit […]

Auf den Sommer haben wir uns gewiss alle gefreut in der Hoffnung, dass das Corona-Virus  zurückgedrängt wird und wir alle wieder ein weitgehend „normales“ Leben führen werden. Tatsächlich steht seit Juli die Pandemie nicht mehr im Vordergrund unserer Präsidiumsarbeit. Die Flutkatastrophe warf uns mit voller Wucht auf unser Engagement im Kulturgüterschutz und all das zurück, was in Zukunft zu tun ist. Auch bei vielen unserer Mitglieder, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, gibt es in diesem Jahr keine Sommerpause: Sie bereiten sich auf die Tarifverhandlungen im Herbst vor, knüpfen und intensivieren Kontakte zu Verdi und versenden Stellungnahmen und Forderungen für eine faire Bezahlung.
Ende November wird dann unsere erste digitale Mitgliederversammlung stattfinden. Wir haben im Präsidium und mit der Geschäftsstelle eine Möglichkeit erarbeitet, wie wir künftig ein Haushaltsminus und unvorhergesehene Beitragserhöhungen vermeiden können. Im Herbst stellen wir Ihnen vor, wie unsere Pläne dahingehend aussehen und bitten Sie um Abstimmung darüber. Außerdem stehen Präsidiumswahlen an. Wir sind gespannt, wieviele Restaurator:innen an der Sitzung teilnehmen. Für uns alle im VDR ist das ein absolutes Novum.

Traurige Aktualität: Katastrophenmanagement und Kulturgüterschutz


Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen legte es auf schreckliche Weise offen: Das nationale Katastrophenmanagement muss dringend rascher als bisher weiterentwickelt werden. Das gilt auch für unseren Verantwortungsbereich, den Kulturgüterschutz. Der Fokus der vom Deutschen Archäologischen Institut ins Leben gerufenen KulturgutRetter liegt bisher auf internationalen Einsätzen.

Unser Verband widmet sich seit zwei Jahren intensiv dem Thema Kulturgüterschutz. In regelmäßigen Videotreffen erarbeiten VDR-Restaurator:innen seither Grundlagen für Schadensanalysen und Hilfseinsätze. In den einzelnen Arbeitsgruppen (Notfallerkundung, Planung und Konzepterstellung, Autopsie vor Ort, Minimum Standard Procedures, Rettungscontainer u.a.) können wir weitere Engagierte gut gebrauchen. Ziel ist es, möglichst bald Notfallpläne für Museen, Denkmalämter, aber auch für betroffene Denkmaleigentümer bereitstellen zu können. Nach der Flut wurde Vieles weggeworfen, das hätte gerettet werden können. Den ehrenamtlich Helfenden, die von überall in Deutschland an die Ahr und in den Erftkreis kamen, mangelte es verständlicherweise an Know How, bzw. fehlte ein knapper Leitfaden, an dem sie sich hätten orientieren können. Wertvolle persönliche Gegenstände, Familienerbstücke wie Schmuck, Mobiliar, Dokumente und private Andenken, vor allem Fotografien, wurden entsorgt und landeten vorschnell auf den Müllbergen. Jedes Material –  ob Metall, Papier, Leder, Keramik, Glas – fordert eine andere akute Maßnahme, damit es später restauriert werden kann und langfristig Bestand hat. Das Wissen darüber lässt sich zurzeit im Notfall und in der Eile von den Betroffenen und ihren oft ehrenamtlichen Helfern nur schwer abrufen.

Als Präsident appelliere ich an Sie mitzuhelfen, dass es künftig noch zügiger mit der Entwicklung für Notfallmaßnahmen vorangeht. Im Chaos nach der Flut wurde deutlich, dass die Menschen in unseren bislang weitgehend von Naturkatastrophen verschonten Regionen unvorbereitet waren. Aktionsketten im Kultursektor sind so gut wie nicht festgelegt, in den ersten Tagen nach der Flut bat gefühlt jeder jeden um Hilfe. Auch wenn es eindrucksvoll zu sehen war, wieviele Hilfswillige sich auf den verschiedensten Plattformen anboten und diese Hilfsbereitschaft die Betroffenen nahezu überwältigte, verlief Vieles unkoordiniert. Wahrscheinlich werden wir uns alle auf Fluten, Hitzewellen, Trockenheit und damit einhergehende Brände besser einstellen müssen. Wenn Sie Interesse daran haben, sich dieser Herausforderung mit uns gemeinsam zu stellen, melden Sie sich bitte in unserer Geschäftsstelle unter info@restauratoren.de. Die Menschen im Ahrtal und im Rhein-Erft-Kreis mussten es schmerzlich erfahren: Jeder Tag zählt! Helfen Sie uns, in der Not schneller helfen zu können!

Trotz der noch verbesserungsfähigen Gesamtkoordination im nationalen Kulturgüterschutz taten die Institutionen, was sie leisten konnten und immer noch können. Der VDR bot nach der Flutkatastrophe den Ministerien der betroffenen Länder Hilfe und Expertise beim Bergen und beim Wiederaufbau an und stellte umgehend auf der Website eine Notfall-Mailadresse bereit – vdr-notfall@restauratoren.de – sowie die wichtigsten Rufnummern der Akteure im AA Kulturgüterschutz. Durch diesen direkten Draht konnte Hilfesuchenden in der Eifel, an der Ahr und in Trier schnell und unbürokratisch geholfen werden, wurden Fachleute an die Orte zum Bergen und zur Erstversorgung der Objekte gebracht und Möglichkeiten der Unterbringung des beschädigten Kulturguts gefunden. Darüber hinaus richteten wir eine Hilfsbörse von Restauratoren für Restauratoren ein. Auf der Plattform https://www.restauratoren.de/hilfsboerse-restauratoren-fuer-restauratoren/ werden Hilfsangebote und Gesuche gepostet – trockene Atelierräume, technische Geräte, Schränke, Arbeitstische, Werkzeug oder das tatkräftige Anpacken. Auf unserer Service-Seite https://www.restauratoren.de/es-ist-mehr-zu-retten-als-man-denkt/ verlinken wir auf hilfreiche Checklisten für Sofortmaßnahmen an beweglicher Ausstattung und Baudenkmälern. Wer von Ihnen Hinweise auf praxisnahe und knappe Leitfäden zur Erstversorgung von Kulturgütern hat, möge sie gerne an uns schicken.

Restaurator:innen fair bezahlen

Unsere Interessengemeinschaft Öffentlicher Dienst und unsere Vizepräsidentin Susanne Danter kämpfen im Moment mit einem VDR-Team von ver.di-Mitgliedern weniger mit Naturgewalten als mit einer überlebten Entgeltordnung aus dem Jahr 1968.

Sie sind darüber im Gespräch mit der Gewerkschaft ver.di und den Verhandlungspartnern der Tarifgemeinschaft der Länder (TDL) sowie dem Hessischen Ministerium. Eine neue Entgeltordnung wird gefordert, um so den Boden für eine faire Bezahlung für Restaurator:innen zu bereiten. Unterstrichen wird die Aktion mit einer Kampagne in den Social Media und auf unserer Website. Mit den Slogans „Wir hüten Eure Schätze“, „Wir arbeiten für Eure schönsten Erlebnisse“, „Wir heilen ihre Wunden“, „Wir pflegen Euer Andenken“, „Wir durchleuchten Eure Geschichte“, „Wir retten das Gedächtnis Eurer Stadt“ zeigt der VDR die Relevanz und Vielseitigkeit des Restauratorenberufs. Jeder Mensch profitiert von der Arbeit der Restaurator:innen, die mehr Wertschätzung – auch und vor allem durch höhere Gehälter – verdienen.

Weil eine angemessene Bezahlung für gut ausgebildete Restaurator:innen das A und O für die Qualitätssicherung von Kulturgut ist, bieten wir im Oktober ein weiteres Webinar der Reihe THEMA | heute an, das sich um Höhergruppierungsklagen drehen wird. Neben VDR-Mitgliedern, die erfolgreich geklagt haben, wird auch Rechtsanwältin Stephanie Musiol aus Berlin referieren, die für Restaurator:innen des VDR bereits eine Höhergruppierung vor Gericht erstreiten konnte.

Digitale Mitgliederversammlung und Präsidiumswahlen


Am 27. November findet die erste digitale Mitgliederversammlung des VDR statt, zu der Sie schon jetzt herzlich eingeladen sind. Bitte merken Sie sich den Termin vor. Dieses Mal können Sie sich die Anreise sparen und von Zuhause an der Sitzung und an den Präsidiumswahlen teilnehmen.

Ein wichtiges Thema bei der Mitgliederversammlung wird unser Haushalt sein. Ausgaben und Einnahmen entwickelten sich durch die Corona-Krise unerwartet. Zwar ist es einerseits erfreulich, auch 2021 mit einem ausgeglichenen Haushaltsabschluss rechnen zu können, doch für den VDR wäre es von großem Nachteil, wenn durch das Anhalten der Corona-Krise über das Jahr 2021 hinaus Großveranstaltungen dauerhaft ausschließlich digital stattfinden müssten. Zu einem erfolgreichen Verbandsleben gehören persönlichen Treffen der Restaurator:innen und Partner des VDR, die zum Austausch untereinander fundamental wichtig sind. Diese möchte der VDR seinen Mitgliedern so bald wie möglich wieder anbieten.

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Entsprechend den derzeitigen Ansagen aus der Politik wird der Haushaltsplan für 2022 und 2023 auf Präsenzveranstaltungen ausgerichtet. 2022 liegt der prognostizierte Jahresabschluss bei rund 33.500 Euro im Minus. Es ist zu erwarten, dass die fixen Kosten wie für Infrastruktur (Miete, Technik, Verwaltung) kontinuierlich ansteigen. Da die Bundesregierung Anspruch auf die Räumlichkeiten des Berufsverbandes Bildender Künstler und des VDR in Berlin erhebt, werden wir uns umorientieren und schon Ende September aus der Taubenstraße in Berlin-Mitte ausziehen und neue Räume finden müssen. Das wird aller Wahrscheinlichkeit nach höhere Ausgaben nach sich ziehen. Auch werden die Kosten für die Reisen und Aufwandsentschädigungen und die Öffentlichkeitsarbeit im „Normalbetrieb“ wieder höher sein.

Damit ein für alle gewinnbringendes Verbandsleben mit einem umfangreichen Mitgliederservice zu ökonomischen und juristischen Fragen möglich bleibt, haben wir im Präsidium ein Szenario ausgearbeitet, über das Sie als Mitglied in der MV beschließen mögen. Wir sehen – wie viele andere Verbände dies bereits tun –  einen Staffel-Mitgliedsbeitrag vor, der die Inflationsrate regelmäßig abfedert. Außerdem wird über eine einmalige Beitragserhöhung 2022 von 2 Euro monatlich (als ordentliches Mitglied) zu beschließen sein. Diese Anpassung fängt die Teuerungsrate der vergangenen drei Jahre seit 2019 auf und lässt es zu, die Präsenz in Berlin und die berufspolitische Vertretung in der Hauptstadt sicherzustellen. Wir sind guten Mutes, dass Sie diesen Weg – den wir Ihnen im November gerne ausführlich erläutern – mit uns gehen werden. Er wird zu einer Konsolidierung des Haushalts über unsere eigene präsidiale Zeit hinaus führen und es ermöglichen, dass die Präsidien jetzt und in Zukunft besser planen können.

Mit sommerlichen Grüßen aus Dresden
Euer/Ihr Sven Taubert